Ines Schöpfs & Lars Müller berichten: Drei Wochen voller Begegnungen

Drei Wochen Tansania – drei Wochen voller Begegnungen, Beobachtungen und neuer Erfahrungen. Für uns beide, Ines und Lars, war dieser Aufenthalt im Rahmen von Erasmus+ eine besondere Gelegenheit, unsere Rollen als Lehrkräfte in einem ganz anderen kulturellen und fachlichen Kontext zu erleben.
Erste Begegnungen und Ankommen
Schon in den ersten Tagen wurde deutlich, wie sehr das Leben in Moshi durch Gemeinschaft geprägt ist. Wir wurden in den Einrichtungen der Evangelisch-Lutherischen Kirche mit einer Herzlichkeit empfangen, die sofort Nähe entstehen ließ. Besonders beim täglichen Frühstückstee oder beim Mittagessen im Montessori Training Center entstanden viele Gespräche – fachlich wie persönlich. Diese Gastfreundschaft bildete den Boden für eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Hospitationen im BCC – Nähe und Teilhabe
Die Hospitationen im Building Care Communities (BCC) gehörten zu den eindrücklichsten Erfahrungen. Dort begleiteten wir Praktikant*innen bei Hausbesuchen, die Familien von Kindern mit Behinderungen unterstützen.
Für Lars war es bewegend zu sehen, wie sichtbar Teilhabe werden kann, wenn eine Mutter zum ersten Mal mit ihrem Kind durch die Nachbarschaft geht, anstatt es im Haus zu verstecken. Solche Momente machten die soziotherapeutische Dimension greifbar: Teilhabe ist mehr als Therapie, sie ist gesellschaftliche Sichtbarkeit.
Für Ines zeigte sich an anderer Stelle, wie wirksam selbst einfache ergotherapeutische Maßnahmen sein können. Mit geschulten Handgriffen veränderte sich der Muskeltonus eines Kindes spürbar – für das Kind eine Entlastung, für die Mutter eine ermutigende Erfahrung. Es war ein Beispiel dafür, wie fachliche Professionalität Hoffnung stiften kann.
Kindergärten und Primary School – Struktur und Kreativität
In den Kindergärten beeindruckte uns die klare Struktur des Montessori-Konzepts. Disziplin, Respekt und religiöse Werte prägten den Alltag, und dennoch war spürbar viel Raum für Neugier, Eigenaktivität und Freude am Lernen.
Für uns als Lehrkräfte war es nicht immer einfach, „hineinzukommen“. Die Teachers arbeiteten sehr konsequent nach Montessori-Prinzipien, wodurch es anfangs schwer war, spontan mitzuwirken. Umso wertvoller war es zu beobachten, wie unsere Schüler*innen ihren Platz fanden, eigene kleine Projekte umsetzten und mit den Kindern in Kontakt traten.
In der Primary School fiel uns besonders auf, wie selbstverständlich Englisch als Unterrichtssprache genutzt wird. Kinder, die aus den Kindergärten wechselten, sprachen schon fließend – ein enormer Vorteil für ihre Zukunft. Ein kreatives Beispiel: Lukas hatte Geoboards gebaut, die von den Kindern begeistert genutzt wurden. Hier wurde sichtbar, wie handwerkliche Ideen pädagogische Wirkung entfalten können.
Austausch im Montessori Training Center – Lernen auf Augenhöhe
Das Jobshadowing im Montessori Training Center öffnete für uns eine weitere Perspektive: die Ausbildung der Fachkräfte selbst. Disziplin und Respekt prägten auch hier das Miteinander. Besonders beeindruckte uns, wie selbstverständlich die Studierenden ihre Montessori-Materialien selbst herstellten – ein kreativer Prozess, der Theorie und Praxis verbindet.
Die klaren Hierarchien, in denen Entscheidungen über mehrere Stufen getroffen werden, wirkten für uns ungewohnt. Doch gleichzeitig bot gerade diese Struktur den Studierenden Sicherheit und Orientierung. Für uns war der fachliche und persönliche Austausch mit den Kolleg*innen am MTC ein Kernstück des Aufenthalts – geprägt von gegenseitigem Interesse und dem Wunsch, voneinander zu lernen.
Reflexion und Unterschiede unserer Perspektiven
Für Ines war der Aufenthalt vor allem eine Bestätigung, wie flexibel ergotherapeutische Kompetenz eingesetzt werden kann, wenn materielle Ressourcen fehlen. Die Fähigkeit, Methoden anzupassen und Vertrauen auch ohne gemeinsame Sprache aufzubauen, erwies sich als zentrale Stärke.
Für Lars stand die soziotherapeutische Sichtweise im Vordergrund: nicht nur auf das Kind, sondern auf die ganze Familie und das soziale Umfeld zu schauen. Besonders in der Praxisanleitung wurde deutlich, dass Reflexion und Begleitung in Tansania unmittelbarer und „echter“ wirken – ein Unterschied zu Deutschland, der nachwirkt.
Persönliche Eindrücke und Ausblick
Was bleibt, sind die Bilder von Kindern, die konzentriert mit Montessori-Material arbeiten, von Müttern, die Mut fassen, sichtbar mit ihren Kindern durchs Dorf zu gehen, und von Gesprächen bei einer Tasse Tee, in denen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen unseren Kulturen spürbar wurden.
Respekt, Disziplin und Gemeinschaft prägen den Alltag in Moshi – Werte, die auch uns inspiriert haben. Zugleich haben wir erlebt, wie Kreativität, Improvisation und Herzlichkeit Räume öffnen, in denen Lernen, Teilhabe und Entwicklung möglich werden.
Für uns beide war der Aufenthalt nicht nur ein Blick über den Tellerrand, sondern ein Stück persönliche und berufliche Weiterentwicklung. Er hat unsere Partnerschaft mit dem Montessori Training Center gestärkt und uns gezeigt, wie sehr internationale Zusammenarbeit eine Quelle gegenseitiger Bereicherung sein kann.






„40 Jahre Jubiläum Tansania Schulpartnerschaft Scharnhorst Gymnasium (30.08.25)“