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Samuel & Lucas berichten: Ihr Praktikum in der Primary School

Mein Name ist Samuel Russom. Ich arbeite als Ergotherapeut in Hildesheim in der interdisziplinären Elithera-Praxis, gemeinsam mit einem großen Team aus unterschiedlichen Fachrichtungen. Vor kurzem durfte ich zwei Wochen lang als Anleiter an einer Primary School in Moshi, Tansania, mitwirken. Die Schule umfasst die Klassen 1 bis 5. Alle Schülerinnen und Schüler tragen eine einheitliche Schuluniform und treten geprägt von Respekt und Gemeinschaftsgefühl auf. Ich selbst war in Klasse 4 und 5 tätig – in Klasse 5 mit 15 Schülerinnen und in Klasse 4 mit 21 Schülerinnen. Mein Kollege Lucas war parallel in Klasse 2 mit etwa 40 Schülerinnen eingesetzt. Dieses Umfeld war für mich eine besondere Gelegenheit, die kindliche Entwicklung im internationalen Kontext zu beobachten und zu begleiten.

Die Kinder haben mich mit ihrer Offenheit, Motivation und Kreativität tief beeindruckt. Sie nutzen einfachste Materialien, um Spiele zu entwickeln, die Konzentration, Ausdauer und kognitive Fähigkeiten fördern. Besonders auffällig war ihre Freude am Malen, Zeichnen und Gestalten. Gleichzeitig gab es Beobachtungen, die aus ergotherapeutischer Sicht bedeutsam sind – z. B. eine teils ungünstige Stifthaltung, Schwierigkeiten in der Hand-Auge-Koordination und eine weniger stark ausgeprägte Körperwahrnehmung. Besonders beeindruckend: Viele Kinder sprechen fließend Swahili und Englisch, zeigen großes soziales Miteinander und gestalten ihren Alltag mit viel Freude an Tanz, Musik und Bewegung. Über meinen Hintergrund als Fußballtrainer konnte ich schnell einen Zugang zu den Kindern finden. Fußball, Tanz und kleine Bewegungsübungen haben nicht nur Spaß gemacht, sondern auch wichtige ergotherapeutische Inhalte transportiert – etwa Gleichgewicht, Koordination und Teamarbeit. So wurde deutlich: Therapie kann spielerisch und alltagsnah sein und braucht nicht immer besondere Materialien. Die Familien investieren sehr viel, um ihren Kindern Bildung zu ermöglichen. Gleichzeitig gibt es wenige Fachkräfte und eingeschränkte Ressourcen. Genau hier zeigt sich die Bedeutung solcher Projekte: Sie öffnen Begegnungsräume, in denen Kinder, Lehrkräfte und Fachleute voneinander lernen.

Damit solche Projekte möglich sind, braucht es Programme wie Erasmus+, ENSA (Entwicklungspolitisches Schulaustauschprogramm) und andere internationale Förderprogramme. Sie tragen dazu bei, dass Begegnungen entstehen, die über reine Wissensvermittlung hinausgehen: Sie schaffen Verständnis für globale Zusammenhänge, fördern Toleranz und stärken auch die Rolle der Ergotherapie als Teil der Bildungs- und Gesundheitspolitik. Was bedeutet das konkret für mich? Die Zeit in Moshi hat mich gelehrt, meinen Arbeitsalltag noch bewusster interkulturell zu gestalten. Interkulturelle Werte wie Respekt, Gemeinschaft und Anpassungsfähigkeit sollen künftig eine stärkere Rolle in meinem therapeutischen Handeln spielen. Ich habe erkannt, dass Ergotherapie nicht nur Fähigkeiten trainiert, sondern auch Brücken zwischen Kulturen baut. Für mich heißt das, in meiner Arbeit mit Patient*innen künftig noch sensibler auf unterschiedliche kulturelle Hintergründe einzugehen und Vielfalt als Ressource für die gemeinsame Entwicklung zu begreifen. Ich verlasse Tansania mit einem Gefühl der Dankbarkeit und der Überzeugung, dass solche Projekte eine enorme Bedeutung haben. Sie sind ein Gewinn für Kinder, Schulen, Fachkräfte – und letztlich auch für Länder wie Deutschland. Daher mein Wunsch: Projekte wie dieses müssen weiterhin gefördert werden, damit Kinder weltweit voneinander lernen und wir gemeinsam eine gesündere, gerechtere und verbundene Zukunft gestalten können.

Lucas Ritter, Fachhochschule Heilpädagogik, Hermann-Nohl-Schule Hildesheim

Im Rahmen meiner Weiterbildung hatte ich die Möglichkeit, zwei Wochen an einer christlich-englischen Grundschule in Moshi, Tansania, mein Praktikum zu absolvieren. Diese Erfahrung hat mir nicht nur neue Einblicke in ein fremdes Bildungssystem eröffnet, sondern auch meinen heilpädagogischen Blick geschärft.

Bereits am ersten Tag fiel mir auf, wie stark der Schulalltag von Religion geprägt ist. Der Tag beginnt mit gemeinsamen Gebeten, Gesängen und einer kurzen Andacht. Für mich war es zunächst ungewohnt, wie selbstverständlich religiöse Rituale in den Unterricht integriert sind, gleichzeitig habe ich erlebt, wie sehr sie zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls beitragen.

Eine große Herausforderung stellte die Unterrichtssprache dar: Offiziell wird auf Englisch unterrichtet, doch viele Kinder sprechen zu Hause Kiswahili oder sogar regionale Stammessprachen. Dadurch entstehen sprachliche Barrieren, die im Unterricht spürbar sind. Für mich als Praktikantin bedeutete dies, geduldig und kreativ nach Wegen zu suchen, um die Kinder zu erreichen – sei es durch Gestik, Visualisierungen oder praktische Beispiele.

Die Klassengrößen von bis zu 50 Kindern waren beeindruckend und fordernd zugleich. Während in Deutschland viel Wert auf Individualisierung gelegt wird, steht hier das gemeinsame Lernen im Vordergrund. Gerade als Heilpädagogin musste ich feststellen, dass individuelle Förderung unter diesen Bedingungen nur schwer möglich ist. Dennoch boten sich kleine Gelegenheiten, einzelnen Kindern besondere Aufmerksamkeit zu schenken, beispielsweise durch kurze Einzelgespräche oder unterstützende Erklärungen.

Besonders eindrücklich war für mich der Umgang mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen. Während in Deutschland Inklusion ein zentrales pädagogisches Ziel ist, stehen Schulen in Tansania noch am Anfang dieses Prozesses. Kinder mit Lernschwierigkeiten werden häufig in denselben Klassen unterrichtet, ohne dass spezielle Materialien oder Förderpläne vorhanden sind. Hier war meine heilpädagogische Sichtweise gefragt: Schon kleine Anpassungen, wie das Bereitstellen von zusätzlichen Anschauungsmaterialien oder die gezielte Wiederholung, konnten einzelnen Kindern helfen. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass gesellschaftliche Haltungen gegenüber Behinderung teilweise noch von Stigmatisierungen geprägt sind.

Trotz dieser Herausforderungen gab es viele Highlights: Die Freude und Offenheit der Kinder, ihre Dankbarkeit und ihre Bereitschaft, Neues zu lernen, haben mich tief beeindruckt. Auch die Kolleginnen und Kollegen begegneten mir sehr herzlich, und ich durfte ihre improvisatorischen Fähigkeiten erleben. Mit nur wenigen Materialien gestalten sie lebendige und abwechslungsreiche Unterrichtsstunden.

Für mich persönlich war es besonders wertvoll zu sehen, wie sehr Bildung hier geschätzt wird. Viele Kinder legen eine große Ernsthaftigkeit und Motivation an den Tag, da sie genau wissen, dass schulischer Erfolg entscheidend für ihre Zukunft ist. Dieser Stellenwert von Bildung hat mich sehr nachdenklich gestimmt.

Zusammenfassend blicke ich auf zwei intensive und bereichernde Wochen zurück. Ich habe nicht nur kulturelle Unterschiede erfahren, sondern auch gelernt, heilpädagogische Methoden flexibel und kreativ einzusetzen. Die Erfahrung hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, Kinder ganzheitlich wahrzunehmen und wie sehr Heilpädagogik auch in einem Umfeld mit knappen Ressourcen wertvolle Impulse geben kann. Gleichzeitig nehme ich viele persönliche Eindrücke mit: die Lebensfreude der Kinder, die Herzlichkeit der Menschen und die Erkenntnis, dass Bildung weit mehr ist als Unterricht – sie ist Hoffnung und Zukunft.

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